7:00 Uhr. Bin etwas zu früh vor Ort. Finde eine Parklücke am Hofzaun. Scheinwerfer aus. Noch ist es Nacht. Pechschwarz wie im Weltraum. Aber es tut sich was. Ab und zu das Geräusch von Schritten auf dem Hof und ein kurzes Aufflackern der Lichtautomatik – Irgendetwas steht da im Dunkeln. Und dann gehen auf einmal die Lampen an.

Die Anlage sieht aus wie eine Art von Raumstation. Unter einem folienbespannten Dach: Tanks, zylindrische Druckbehälter, metallisches Glänzen.  Überall Schlauchverbindungen. Stellen, aus denen ab und zu Dampf austritt. Mittendrin ein Schaltkasten mit vielfarbig blinkenden Anzeigen, Druckknöpfen und einem großen Manometer. Und irgendjemand steht dort. Ich steige aus. Schon mal  fragen, wegen der Fotoerlaubnis.

Aber Achtung: ein Gabelstapler mit Dachleuchte umkreist die Anlage, in fast traumtänzerisch anmutenden Pirouetten.  Schwer voraus zu sagen, wo er gerade hin will.- Hoppla, das war knapp.. 

Der Kollege auf der Anlage ist ein kräftiger Typ, Anfang Dreißig . Fotoerlaubnis? Kein Problem. Er lächelt. Sie müssten gerade noch eine Charge für ihren eigenen Hofladen pressen, sagt er. Der Markushof kommt danach dran.  Mit der Anlage sind sie seit gut 10 Jahren auf Du und Du, er und sein Kollege. Sie haben sich offenbar die Arbeit aufgeteilt: der eine macht die Vorsortierung und überwacht das Pressen, der andere sorgt mit dem Gabelstapler für Nachschub und Abtransport sowie die Abfüllung der Beutel am Ende der Pressung .

Es tut gut, den beiden zuzusehen. Sie beherrschen ihre Arbeit perfekt. Und sie scheinen es zu genießen, alles im Griff zu haben, einschließlich der Kaffeetasse für den kleinen Schluck zwischendurch. Und das  in einer ganz ruhigen und selbstverständlichen Art. Wenn sie untereinander reden, sprechen sie Polnisch. Aber es braucht nur wenig  Worte zwischen ihnen, selbst in ihrer Muttersprache.

Kurz vor 7:30 Uhr.  Ein vertrautes Motorengeräusch. Ein klein wenig hohler und ein klein wenig  klopfiger als bei den neueren Traktoren. Unverkennbar, auch im Dunkeln. Das muss unser Fendt sein.  Daniel ist da, „Just in time“, mit 2 Großkisten Fallobst  im angehängten Transportkäfig. Die Äpfel leuchten im Licht des Gabelstaplers wie in einem Theater.

Auf der Anlage zischt und dampft es aus allen Rohren. Säuberung. Muss sein, sagt Daniel, vor jeder Bio-Ladung – wegen der Zertifizierung. Und dann rollen unsere Äpfel  aus der hochgekippten Kiste mit leichter manueller Nachhilfe über eine Laufbahn mit eingebauter Dusche in Richtung Zerkleinerungsstation.  Was da drinnen passiert, kann man nicht sehen aber dafür hören: ein dumpfes Rumpeln. Das Ergebnis: die Maische. Die nächste Station ist die Presse. Da trennt sich die Maische in Saft und Trester.  Der Trester rutscht in großflächigen Fladen – provozierend langsam aber stetig – über eine schiefe Ebene in eine Transportkiste zur Weiterverwendung (Viehfutter, Pektin, Schnaps). Der Saft seinerseits läuft in die Abfüllstation. Ein Hebeldruck, und die Plastikbeutel  werden gefüllt und mit einem Hahnverschluss versehen.  Ab dann ist Daniel zuständig. Seine Aufgabe: die bereitgestellten Verpackungskartons entfalten,  die abgefüllten Beutel  reinstecken, die Kartons verschließen und in unserer Großkiste verstauen. Soweit der technische Ablauf. Aber eins  ist für mich doch wie ein Wunder bei all dem: ein paar Worte am Anfang haben genügt, und schon wird auch Daniel ganz selbstverständlich ein Teil dieses Teams – als wäre er schon immer dabei gewesen. 

Fertig. Der Kollege an der Abfüllung schreibt die Rechnung und lädt uns die beiden Großkisten wieder auf den Transportkäfig. Man kann ihn jetzt mühelos  in seiner Gabelstaplerkabine erkennen. Es ist Morgen geworden – die Welt hat sich weiter gedreht.  

„Bis dann auf dem Markushof, Daniel! Jetzt habe ich endlich mal gesehen, wie der Saft in die Boxen kommt.“  Und was heißt „Auf Wiedersehen“ auf Polnisch? Aber die beiden sind bereits dabei, die nächste Ladung zu verarbeiten. Da tut es auch der hochgestreckte Daumen und ein anerkennendes Lächeln beim Abgang. Ich werde an Euch denken, wenn ich den Saft trinke.

PK