Samstag, der 19.9.2020. Depotackern. Fallobsternte auf Christoph Schnetters Obstwiese in Bammental-Reilsheim. Es ist ein milder Vormittag.  Der Herbst kündigt sich an. Die Sonne hat uns einen Baumschattenteppich auf den Boden gelegt. Im Gegenlicht überall, wohin Du siehst: Bewegung – Gestalten, die Fallobst sammeln, hockend, kniend, gebückt, hier in einer Reihe, dort in einem Halbrund oder konzentrischen Kreis.  Die Gruppierungen lösen sich auf und bilden sich immer wieder aufs Neue, je nachdem wie und wo und in welcher Menge die Äpfel fallen.- Und sie fallen zuhauf, denn es wird geschüttelt und gerüttelt, was das Zeug hält, mit der langen Hakenstange. Und was da von oben herunterprasselt, ist oft so reichlich, dass der Schüttler sich seinen Fahradhelm aufsetzen muss, um unbeschadet davonzukommen. Je nach Fallgeschwindigkeit und Bodenbeschaffenheit springen die Äpfel nach dem Aufprall auch wieder hoch, so als wollten sie sich der Schwerkraft entziehen.  Anlaß für eine Apfel-Jonglage von Zweien, die es ganz offensichtlich können:  2×3 Äpfel in ununterbrochener Bewegung durch die Luft – Ausdruck einer Sehnsucht, endlos um sich selber zu kreisen, unabhängig von Baum und Erntezweck .

Und immer wieder löst sich jemand aus der Gruppe der Sammelnden und trägt  seine Kiste hinüber zum Hänger. Traglast voll beladen: gut 10 Kilo, mehr oder weniger, und wenn Du den Weg ein paarmal damit zurückgelegt hast, weisst du, was du getan hast.  Sogar 5jährige versuchen, ihr Päckchen zu tragen. Und überhaupt, nach einer Weile nimmst du dann auch wahr, wer sich hier alles zu dieser Ernte zusammengefunden hat. Über 20 Solawi-Mitglieder, Familien und Paare, Erwachsene, Kinder und Jugendliche – gute Freunde und Bekannte über die Zeit, und du freust dich, sie zu sehen und über die Kinder, wie sie herangewachsen sind. Vor 2 Jahren konnten einige von ihnen noch kaum der Versuchung widerstehen, vom Hänger herab mit Äpfeln zu werfen. Und jetzt stehen sie da oben auf dem Wagen, nehmen dir deine Kisten ab und verteilen die Äpfel gleichmäßig auf der Hängerfläche. 

Und dann ist der Anhänger erstmal voll, randvoll. Aber halt,- das ist nicht das Ende vom Lied, denn Daniel kommt und erhöht die Seitenwände aufs doppelte Fassungsvermögen. Ein besonderer  Klappmechanismus macht’s möglich.  Das Hinaufreichen der Kisten kommt jetzt zwar an seine Grenzen, je nach Armlänge früher oder später, aber es finden sich genügend Helfer, die in den Hänger steigen und die Kisten von oben übernehmen. Letztes Jahr haben wir noch zuerst in die Radladerschaufel am Trecker gesammelt, und der Trecker hat dann die Ladung in den Hänger geleert. Aber das ständige Hin-und Herfahren mit dem schweren Gerät schädigt den Boden zu sehr, sagt Daniel. Und deshalb fährt er diesmal mit dem Gespann Stück für Stück weiter, in einer großen Schlaufe über das Grundstück und unter den Apfelbäumen hindurch, sodaß wir oben auf dem Hänger auch schon mal die Köpfe einziehen und Äste abbiegen müssen.

Am Ende ist es eine reichliche Ernte. Und irgendwie kommt mir bei all dem eine Ahnung von Paradies in den Kopf.  Die Fülle der Äpfel, das gemeinsame Sammeln und die frohe Zufriedenheit bei all dem.. Eine Rückkehr in den Garten Eden? –  vielleicht ist sie ja doch noch möglich, diesmal ohne mythische Schuldzuweisung und mit einem Bewußtsein, das nicht mehr als Fluch sondern als Segen betrachtet wird, weil es die Verantwortung für die Welt in unsere eigenen Hände legt, als gemeinsame Aufgabe. Vielleicht bleibt uns ja ein „Geschmäckle“ davon, wenn wir dann unsern frisch gepressten Apfelsaft trinken.