Manche Ereignisse auf dem Hof entziehen sich der direkten Wahrnehmung der Solawi-Mitglieder.  Das gilt auch für die Getreideernte. Selbst die „Regelmäßigen“ bekommen selten etwas davon mit. Das liegt in der Natur der Sache. Damit der Mähdrescher kommen kann, müssen mehrere Bedingungen zugleich erfüllt sein. Das Getreide muss reif, das Wetter trocken und der Zeitpunkt in der Terminplanung des Mähdreschers noch frei sein.  Das ist dann oft eine sehr kurzfristige Angelegenheit, nicht nur für den Auftraggeber, sondern z. B. auch für jemanden, der das Ereignis fotografieren möchte.

Wenn Du Dich dem Feld näherst, ist das erste, was Du vom Mähdrescher mitbekommst, das Motorengeräusch. Du siehst Dich um und fragst Dich: Wo ist er denn? Und irgendwann taucht er dann auf, hinter irgendeiner Kuppe, nur um gleich darauf wieder in einer Senke des Getreidemeeres zu verschwinden.

Nach und nach gelingt Dir die Annäherung und Du gewinnst einen Überblick. Und dann stellst Du fest: der Fahrer dreht nicht einfach nur konzentrische Runden um den Feldmittelpunkt, sondern er arbeitet zwischendrin auch bestimmte Teile der Fläche einzeln ab, je nach den besonderen Gegebenheiten. Das leuchtet ein. Es spart – aufs Ganze gesehen – Fahrzeit und ermöglicht zugleich eine optimale Ausbeute. Der Blick dafür ist ein Teil der Qualifikation eines jeden Mähdrescherfahrers.

Zwischenstopp am bereitstehenden Hänger. Und während das gedroschene Korn durch das ausgeschwenkte Füllrohr rauscht, ergibt sich die Gelegenheit für ein kurzes Schwätzchen. Man kennt sich von den Vorjahren her. Doch dann ist der Transfer des Korns auf den Hänger beendet, und es geht weiter.

Je kleiner die Restmenge des Getreides wird, desto mehr verschiebt sich der Fokus im Auge des Betrachters. Du nimmst immer weniger den Mähdrescher wahr und immer mehr die langen Bahnen aus Stroh, die er hinterlässt.  Sie ziehen sich schließlich über das gesamte Feld und ergeben nach und nach so etwas wie ein Kunstwerk, in dem sich die Summe der zurückgelegten Fahrwege verkörpert. Das hat seine ganz eigene Schönheit und innere Logik. „Land Art“, sozusagen.

Später kommt die Ballenpresse. Sie schafft ein neues Kunstwerk aus dem alten: zylindrische Strohballen, die auf dem Feld liegen bleiben als wären sie ein zufällig dahin geworfenes Riesenspielzeug. Dann tritt der Hof in Aktion, sammelt das Riesenspielzeug ein und lagert die Ballen, als Einstreu und Futterzusatz fürs Vieh am Stall. Zurück bleibt schließlich das leere Stoppelfeld. Und Leere lädt ein. Wie wär’s, jetzt mal einen Drachen steigen zu lassen, wie früher, als Kind?- In ein paar Tagen wird der Acker wieder umgebrochen und für den Folgeanbau vorbereitet.

Allerdings,- wenn dann das letzte Stroh in Ballen gepresst und eingefahren ist,  zählen nicht mehr die Schönheit im Auge des Betrachters oder seine Kindheitserinnerungen, sondern allein das wirtschaftliche Ergebnis. Daniels Resümee dieses Mal: „Es war besser als erwartet“.