Es summt und brummt immer leiser im Land
Die Experten sind sich einig: In Deutschland gibt es immer weniger Insekten. So geht eine neue Langzeitstudie durch die Medien, die frühere Ergebnisse bestätigt und sogar von einem „massiven Insektensterben“ spricht. „Die Auswirkungen sind verheerend“, so das Fazit der Experten. Demnach hat in den vergangenen 27 Jahren die Gesamtmasse der Insekten in Teilen Deutschlands um mehr als 75 Prozent abgenommen. Auch aus diesem Grund hat sich im Winter eine neue Arbeitsgruppe in unserer Solidarischen Landwirtschaft Rhein-Neckar gegründet, die sich dem Schutz und der Pflege von Insekten und deren Lebensgrundlagen in unserer Form der Landwirtschaft annehmen will.
Die seit 1989 von ehrenamtlichen Insektenkundlern in Krefeld gesammelt Daten belegen, wie sich die Biomasse der Insekten über die Zeit verändert hat. Die Daten haben die freiwilligen Insektenforscher in 63 Schutzgebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg ermittelt. Mithilfe von Fallen haben die Forscher Fluginsekten gesammelt und sie gewogen. Der Rückgang an Masse lässt auf den Rückgang der Anzahl der Insekten schließen. Wo früher Vielfalt war, greift heute das Artensterben offensichtlich um sich, wurde so von den Experten festgestellt.
Neonicotinoide sind im Visier der Experten
Die Wissenschaft hat auch schon einen Verdacht, wer schuld sein könnte an diesem Insektenschwund. Vermutlich spiele die intensivierte, industrielle Landwirtschaft samt dem Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln sowie die ganzjährige Bewirtschaftung der Wiesen und Felder eine Rolle, erklären die Forscher, aber auch der Wegfall von Brachflächen. Weil somit weniger verschiedene Pflanzen wachsen und auf den Feldern mehr Chemie eingesetzt wird, haben es die Insekten schwer.
Vor allem drei Insektizide, die zur Gruppe der sogenannten Neonicotinoide gehören, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Visier. In der Landwirtschaft werden sie als Beizmittel für Saatgut eingesetzt, um Schädlinge zu bekämpfen und die Nutzpflanzen dadurch zu schützen. Doch die Pestizide töten oder schädigen auch andere Kleintiere, wie zum Beispiel Bienen, Schmetterlinge und weitere Insekten. Seit Ende 2013 ist der Einsatz von Neonicotinoiden in Europa beschränkt. Zum Beispiel dürfen die Pestizide nicht auf Rapssaat, Kirschen, Äpfel und Gurken gesprüht werden.
Doch die Beschränkung hat Lücken und für zahlreiche Pflanzen gibt es Sondergenehmigungen. So dürfen in der konventionellen Landwirtschaft die Neonicotinoide bei Hafer oder Weizen angewendet werden, wenn die Getreide zwischen Januar und Juni ausgesät werden. Eine mögliche Entscheidung über ein Komplettverbot liegt nun bei den EU-Ländern.
Und auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) meldet sich zu Wort. Vom Verband werden in diesem Zusammenhang die industrielle Landwirtschaft und der damit einhergehende massive Einsatz von Pestiziden kritisiert.
„Artenarme Monokulturen prägen unsere Felder heute“, hat Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin, beobachtet. Auch Herbizide wie Glyphosat würden die bunte Vielfalt an Nahrungspflanzen für Insekten beseitigen. Aber auch sie bekräftigt: Besonders verheerend würden sich aus ihrer Sicht die Nervengifte Neonikotinoide auswirken, weil sie etwa bei Bienen die Kommunikation und das Sammelverhalten störten, sie machten die Tiere orientierungslos und schwächten ihr Immunsystem.
Bauernverband nimmt Ministerium in die Pflicht
Mit Blick auf die Diskussion über das Insektensterben hat der Deutsche Bauernverband (DBV) auf „erhebliche Lücken“ bei der Datengrundlage hingewiesen, die dringend geschlossen werden müssten. In diesem Zusammenhang kritisierte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken Äußerungen der früheren Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks, die Medienberichten zufolge Beobachtungen, nach denen Autofahrer früher mehr Insekten auf der Windschutzscheibe gefunden hätten, zum Anlass genommen habe, die Intensivierung der Landwirtschaft als Hauptursache für das Verschwinden der Insekten zu benennen.
Derartige Aussagen würden der Tragweite des Problems nicht im Ansatz gerecht, erklärte Krüsken und verwies auf die Feststellung des Insektenforschers Dr. Martin Sorg vom Krefelder Entomologischen Verein, der zuvor gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sontagszeitung“ die Diskussion um das Insektensterben in einer „Wolke der Unwissenheit“ verortet hatte.
Der DBV-Generalsekretär verwies zudem auf die bürokratischen Hindernisse, die es den Landwirten erschwerten, die Verhältnisse für Insekten beispielsweise durch Blühstreifen zu verbessern. Auch gegen den Flächenverbrauch werde nach wie vor zu wenig unternommen. Der Lebensraum von Insekten und anderen Tieren gehe überall dort verloren, wo Felder, Wiesen, Weiden und Wälder unter Asphalt und Beton verschwinden würden, derzeit immer noch im Schnitt 66 Hektar täglich. In diesem Bereich sieht der DBV auch das Bundesumweltministerium in der Verantwortung.
Der Markushof verzichtet komplett auf Chemie
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) macht Druck. Bienengefährdende Pestizide müssen vom Gesetzgeber verboten werden, heißt es. „Wir müssen weg von der industriellen- hin zu einer ökologischen Landwirtschaft“, sagt Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin. „Wir gehen in den Dialog mit Politkern und Landwirten, überzeugen mit unseren fundierten Analysen und Recherchen und zeigen Alternativen auf“, berichtet sie von den Aktivitäten ihres Verbandes.
Wir von der Solidarischen Landwirtschaft Rhein-Neckar haben uns schon vor vielen Jahren gemeinsam mit den Markushof-Bauern auf den Äckern rund um Maisbach für eine Landwirtschaft nach den strengen Bioland-Richtlinien entschieden, die weit über den gesetzlichen Mindeststandard für Bio-Lebensmittel hinausgehen.
Damit kommen bei uns in Maisbach keine chemisch-synthetischen Dünger und Pestizide zum Einsatz. Wir verfolgen – gemäß der Bioland-Richtlinien – das Ziel, mit einer organisch-biologischen Landbaumethode, den guten Boden rund um Maisbach zu pflegen und dessen langfristige Fruchtbarkeit zu erhalten.
Die Methode beruht auf einer genauen Beachtung biologischer Wirkungszusammenhänge zwischen Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen. Das gibt – wenngleich nur auf unseren Äckern und Wiesen, also sehr lokal – den Insekten wieder eine größere Überlebenschance.
Als Bestäuber spielen sie – und da sind sich alle Experten einig – eine zentrale Rolle im Ökosystem: Rund 80 Prozent aller europäischen Nutzpflanzen sind für die Bestäubung ihrer Blüten auf Insekten angewiesen. Ohne Bestäubung gibt es am Ende keine Früchte. Und damit gibt es auch allgemeine wirtschaftliche Folgen des Insektensterbens: Nahrungsmittel werden knapper und damit teurer.
„Bienengefährdende Pestizide müssen vom Gesetzgeber verboten werden – wir müssen weg von der industriellen, hin zu einer ökologischen Landwirtschaft“, schließt Hölzel eine Pressemitteilung des BUND.
„Landwirtschaft, ob bio oder konventionell, ist auf einen effektiven Pflanzenschutz angewiesen und mit Blick auf Globalisierung und Klimawandel werden hier die Herausforderungen eher zu-, als abnehmen“, entgegnet Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) auf den NABU-Pestizidbericht für Baden-Württemberg. Das Land unterstütze die Branche in ihren kontinuierlichen Anstrengungen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln noch weiter zu reduzieren. Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg habe mit Blick auf den Schutz der natürlichen Ressourcen bisher ihre Hausaufgaben gemacht und werde sie auch weiterhin machen. Das Land stehe an der Seite seiner bäuerlichen Familienbetriebe, wenn es darum gehe, gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. „Einmal mehr versucht der NABU zu Unrecht, unsere Bauern pauschal in die Ecke der ‚Giftspritzer‘ und ‚Umweltverschmutzer‘ zu stellen.“ Die vom NABU geforderte Mengenreduzierung bringe dem Verbraucher am Ende gar nichts, bilanziert der Minister. „Die Menschen müssen wissen, dass ihre Lebensmittel sicher sind. Das ist für sie entscheidend, und nicht, wie viel Pflanzenschutzmittel die Bauern ausbringen“, betonte Hauk. Und damit trifft er bei der Solawi, und nicht nur dort, sicherlich auf vehementen Widerspruch.
Viele Faktoren kommen zusammen
Die Diskussion beim Insektensterben aber einzig und unspezifisch auf ein Verbot von Pestiziden zu beschränken, ist tatsächlich nur wenig zielführend. Vieles deutet darauf hin, dass die Landwirtschaft einige Faktoren mehr für diesen Artenrückgang stellt: Monotonisierung, Überdüngung, Zerstörung kleinräumiger Landschaftselemente wie Hecken oder Feldraine sorgen auch dafür, dass die Tiere und ihre Futterpflanzen sterben oder verdrängt werden. Pestizide sind also nur ein Baustein; der Verlust von Lebensräumen wie Brachflächen oder bunt blühenden Ackerrandstreifen dürfte sich noch viel stärker auswirken.
Mit dem „Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt“ will die grün geführte Landesregierung die biologische Vielfalt der baden-württembergischen Kultur- und Naturlandschaft stärken und dabei auch die Landnutzer in ihren Anstrengungen zugunsten der Biodiversität unterstützen – auch als Antwort auf das Insektensterben. Der aus Schwetzingen stammende Umweltstaatssekretär Dr. Andre Baumann nennt für dieses Sonderprogramm ein Finanzvolumen von 30 Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren, „damit es weiter summt und brummt“. Sechs Millionen Euro davon sind allein für ein Monitoring-Programm aufgerufen, so Baumann bei einem Vortrag in Plankstadt.
Umweltminister Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete in einer Erklärung seines Ministeriums die Stärkung der biologischen Vielfalt als eine der dringendsten Aufgaben der Umwelt- und Naturschutzpolitik der nächsten Jahre und Jahrzehnte: „Wir haben in der Vergangenheit auch auf Kosten der Natur und unserer natürlichen Lebensgrundlagen gewirtschaftet. Angefangen beim Insektensterben, zeigt der drohende Verlust der Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen, dass wir das dringend ändern müssen. Mit dem Sonderprogramm gehen wir einen wichtigen Schritt. Es wird eine Daueraufgabe sein, die wir nur gemeinsam bewältigen können.“
Minister sieht eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Der Erhalt der biologischen Vielfalt sei also eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Dabei nimmt die Unterstützung unserer heimischen Land- und Forstwirtschaft eine Schlüsselposition ein. Die Bauern sind es, die wir auf unserem Weg hin zu mehr Artenvielfalt begleiten und unterstützen müssen“, sagte auch der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk (CDU). Baden-Württemberg habe seit rund 40 Jahren Erfahrungen mit Agrarumweltprogrammen, die von den Bauern gut angenommen würden. „Mit unserem ‚Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt‘ greifen wir bestehende Programme auf, führen sie zusammen und ergänzen sie“, erklärte Minister Hauk.
Zum Beispiel solle die Förderung wertvoller Streuobstbestände gestärkt und eine Förderung für Imker etabliert werden. Weitere Maßnahmen seien die Ausweitung und Verbesserung von Blühstreifen für blütenbesuchende Insekten sowie eine Strategie zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Auch der Ausbau der Biodiversitätsberatung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und ein Projekt „Blühender Naturpark“ gemeinsam mit den Kommunen in den sieben Naturparken des Landes gehörten dazu. Ob von dem finanzstarken Projekt auch etwas am Markushof ankommen könnte, bleibt abzuwarten.
Gabi Rolland, die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende und Sprecherin der Landtagsfraktion für Umwelt- und Naturschutz erklärte dazu, man könne die „alarmierenden Zahlen nicht einfach hinnehmen“. Art und Umfang der Pestizidwirkstoffe, die in der baden-württembergischen Landwirtschaft zum Einsatz kommen, müssten thematisiert werden. Die besonders giftigen Neonicotinoide und das Totalherbizid Glyphosat müssten aus den Äckern, Privatgärten und städtischen Grünanlagen verbannt werden. „Wir brauchen ein Frühwarnsystem, das uns gefährliche Entwicklungen wie beim Insektensterben frühzeitig aufzeigt und wir müssen wissen, ob die ergriffenen Maßnahmen auch wirken. Werden die Ziele nicht erreicht, muss nachgesteuert werden“, so die SPD-Landtagsabgeordnete. Maßnahmen müssten zu einem schlüssigen Gesamtkonzept gebündelt und verstetigt werden. „Der Umwelt- und Naturschutz muss in der Landespolitik endlich den ihm gebührenden Stellenwert erhalten“, so Rolland.
Mehr als nur biologische Verluste
Was auch immer die Gründe für den Insektenschwund sind – sie haben einen weit verheerenderen Effekt als bisher vermutet. Und der wirkt sich besonders in der Landwirtschaft massiv aus. Werden nämlich Nutzpflanzen nicht mehr regelmäßig angeflogen, entstehen der Landwirtschaft große Verluste. Dabei geht es nicht nur um die oft zitierte Bestäubungsleistung der Bienen. Auch andere Insekten übernehmen wichtige Aufgaben, denn sie halten auch Pflanzenschädlinge im Zaum.
Doch Blüten brauchen Pollen von anderen Blüten, um sich zu Früchten und Samen zu entwickeln. Und Insekten helfen eben dabei, den Pollen von einer Blüte zur anderen zu tragen. Dabei ist nicht nur die Menge an Pollen, die sie liefern, wichtig, sondern auch deren Qualität. Indem sie die Pollenversorgung verbessern, erhöhen die Insekten die landwirtschaftliche Produktion.
Symboltier des Problems sinkender Bestäubungsaktivität sind die summenden Bienen geworden, die bisher – so zeigen es Imagebilder gern – blühende Obstbäume bestäuben. Bienchen und Blümchen ergeben bekanntlich Fruchtbarkeit, das lernt schließlich jedes Kind. Doch die gestreiften Insekten sind in Gefahr. In einigen EU-Ländern ist die Zahl der Bienen bereits um 60 Prozent zurückgegangen. Imker beobachten seit Langem dieses Bienensterben und warnen immer wieder vor den Folgen. Um diese Entwicklung aufzuhalten, müssten jetzt weitere Maßnahmen ergriffen werden.
Skurril ist es schon, wenn Menschen in Fernost inzwischen die Blütenpollen sammeln, mit Pinseln von den Pollenstempeln abkratzen, und mit kleinen Federbüscheln an langen Stäben wieder auf offene Blüten auftragen. Aber es zeigt doch auch, dass die natürliche Bestäubung durch die Bienen dort nicht mehr stattfindet. „Ganz so weit sind wir hier in Deutschland aber noch nicht“, erklärt Günter Martin, Imker aus Ketsch und Vorsitzender beim Bezirksimkerverein Kurpfalz.
Doch auch er sieht die Situation inzwischen als bedenklich an. Auch er vermutet vielfach die Chemiekeule der konventionellen Landwirtschaft hinter den Problemen. So berichtet er, dass er in Nußloch einige Bienenvölker in einer Streuobstwiese ansiedeln wollte. Sie alle starben plötzlich und ohne ersichtlichen Grund.
Für den Bienenliebhaber und Umweltschützer Martin nicht nur ein wirtschaftlicher Schaden.
Den Bienen fehlt es übers Jahr an Blüten
Aber er nennt auch weitere Bereiche, mit denen seine Bienenvölker Probleme haben. So finden aus seiner Sicht wegen der Monokulturen die Bienen viel zu wenige Blüten im späteren Jahr, die für sie Nahrung bereithalten. „Bis Mai ist noch alles in Ordnung“, schildert Imker Martin den Jahreslauf in Sachen Bienenfutter. Danach wären eigentlich die hohen Wiesen mit den natürlich wachsenden und blühenden Kräutern als Bienenfutter dran – alles, was früher in den Blühstreifen rund um die bestellten Felder wuchs und heute Seltenheitswert hat, etwa Scharfgarbe, Mohnblumen, Ringelblume, Kornblume oder Disteln. Im Spätjahr gab es Blühgräser als Futterquelle für die Bienen. Doch das hat sich gravierend geändert – die Blütenpflanzen werden immer weniger.
Der Wald ist auch nicht mehr wie früher eine „Bienenweide“, sagt er. Er werde inzwischen als Hochleistungswald für die Holzvermarktung forciert, kritisiert Martin.
„Den Bienen kann jetzt nur noch das Bewusstsein bei allen – von Politikern über Landwirte bis zu jedem Einzelnen – helfen, dass diese Insekten einen hohen Wichtigkeitsgrad im Ökosystem haben, dass man für ihr Überleben etwas tun muss, damit der Kreislauf der Natur weiter funktioniert“, stellt Günther Martin klar.
Blühpflanzen für Beete, Randstreifen und Balkonkästen bieten Bienenfutter übers gesamte Jahr. So könne jeder etwas für die lebendige Vielfalt säen oder pflanzen, nennt er als eine mögliche Maßnahme. Um den Bienen ganzjährig ein Nahrungsangebot zu schaffen, sollten aber auch die verschiedenen Blühzeiten dem Blumen und Kräuter berücksichtigt werden. Die Solawi Rhein-Neckar, die auch einzelne Hobby-Imker in ihren Reihen hat, möchte nun Kontakt zum Imkerverein Wiesloch aufnehmen, um sich Rat für Maßnahmen rund um den Markushof einzuholen.
Experten haben allerdings beobachtet, dass es nicht nur um die Anzahl der Honigbienen von Imkern geht. In Landschaften mit geringerer Vielfalt und geringerem Vorkommen von wilden Insekten haben sie erkannt, dass die Pflanzen weniger Samen und Früchte ansetzen. Das trifft auch auf Felder zu, auf denen es viele Honigbienen gibt. Das heißt, dass selbst die Honigbienen hinsichtlich der Qualität und Quantität der Pollenversorgung die wilden Insekten nicht ersetzen können, egal wie viele Völker es dort gibt.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es überall dort, wo es neben Honigbienen viele Wildinsekten auf den Feldern gibt, die Forscher bei den untersuchten Pflanzen eine höhere Fruchtbarkeit samt höherer Erträge verzeichnen. Dabei korrelierte die Zahl der Wildinsekten stets mit einer größeren Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft. Daraus ergibt sich eine klare Botschaft: Sich allein auf Bienenvölker zu verlassen, die von Vertragsimkern an den Rand riesiger Felder mit Monokulturen gefahren werden, wie es heute schon in vielen Regionen der USA üblich ist, stellt keine nachhaltige Lösung dar.
Ackerstreifen sollen wieder bunt werden
Weiße Kamille, tiefblaue Kornblume, roter Klatschmohn, hellblaue Wegwarte und andere Wildpflanzen waren über Jahrhunderte die bunten Farbtupfen in den Getreidefeldern. Bei großer Anzahl konkurrieren sie aber mit dem Getreide um Licht, Wasser und Mineralstoffe und sind dann für die meisten Landwirte nichts anderes als Unkräuter, die sie in der Regel mit chemischen Mitteln bekämpfen. Dadurch sind diese Pflanzen zum Teil vom Aussterben bedroht – mit ihnen sinkt die Zahl der wilden Insekten. Inzwischen versuchen ökologisch arbeitende Landwirte, wie die unserer Solawi, diesen wilden Blumen und Kräutern wieder einen Lebensraum zu bieten, ohne die Ackerpflanzen zu behindern.
Ein Gedanke, den Solawi-Landwirt Michael Boeke beim ersten Treffen der „Nützlinge“-Arbeitsgemeinschaft aufbrachte, ist die Schaffung von größeren Blühstreifen entlang der Felder. „Wir Landwirte müssen Blühmischungen balancieren gegen Nutzpflanzen und so im ergänzenden Miteinader einen Weg finden.“ Diese maschinell gesäte Streifen sollen ein gewisses Zeitfenster lang von den Insekten genutzt werden können.
Damit erhalten Insekten und weitere Kleintiere entsprechend Nahrung und Lebensraum. So wird ein Ackerstreifen innerhalb weniger Monate ein Schlaraffenland für eine Vielzahl von Tierarten. Und genau das will auch die Arbeitsgruppe „Nützlinge“ in der Solawi erreichen, erklärt Michael Boeke. Zwar bestehen an den Rändern unserer Äcker schon breitere Grünstreifen als bei der konventionellen Landwirtschaft, aber die könnten noch verbreitert und entsprechend mit Samen versehen werden.
Doch manch andere Bauern pflügen mit ihren großen Maschinen so dicht an die Feldwege und Straßen heran, dass der begrünte Randstreifen komplett verschwindet. Das Unterpflügen von Banketten, Böschungen und Grünstreifen ist aber ökologisch schädlich. Sie dienen der Artenvielfalt und haben schließlich eine biotopverbindende Funktion. Wenn die mit Kräutern und Wildblumen bewachsenen Streifen verschwinden, dann fehlt künftig ein wichtiger Teil der heimischen Kulturlandschaft.
Und auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eines Bauern ist es dieses Überschreiten der Grenzen eine Milchmädchenrechnung – auch wenn sich sein Acker auf einer Länge von einem halben Kilometer schrittweise um zwei, drei oder mehr Meter verbreitert. Zwar gilt die einfache Formel: Mehr Fläche ist auch mehr Ertrag. Doch sollte es auch um Nachhaltigkeit für künftige Generationen gehen. Rechtlich ist dieses Wachsen der Äcker an den Rändern übrigens schlicht ein Landraub.
Mit dem Verbreitern der Grünstreifen bei ihren Äckern würde die Solawi der Natur ein Stück zurückgeben, das andernorts also klammheimlich verschwindet. Die Wildblumen auf den Feldrandstreifen spenden dann Pollen und Nektar für zahlreiche Insekten – nicht nur für die Bienen der Imker. Ihre Samen liefern im Winter zudem Futter für viele Tierarten. Durch ihren langen Blühaspekt bereichern diese Wildblumenstreifen die oft ausgeräumte Landschaft und leisten im Kraichgau einen Beitrag zur Artenvielfalt.
Überlegungen der Nützling-AG
Andere Wege, mehr Blühpflanzen anzubieten, sind Permakulturen oder Untersaaten. Die Permakultur ist ein nachhaltiger Gegenentwurf zum vorherrschenden industriellen Agrarsystem. Die industrielle Landwirtschaft setzt vor allem auf Monokulturen, weil sich damit der Ertrag kurzfristig maximieren lässt. Bei der Permakultur werden auf kleinem Raum Ökosysteme aus mehrjährigen und sich selbst vermehrenden einjährigen Pflanzen sowie entsprechenden Tierarten geplant und umgesetzt. Doch, so ist man sich auch in der AG sicher, erschweren sie die Effizienz der Ernte, da manche Konzepte stark auf Handernte ausgelegt sind. Das gilt auch bei Untersaat, also dem Ausbringen zusätzlicher Pflanzen unter der eigentlichen Hauptkultur. Durch mehr Pflanzen auf engem Raum in unterschiedlichen Pflanztiefen steige zwar die Vielfalt auf engem Raum, hat die Solawi-AG festgestellt, doch es könne kaum gepflügt oder maschinell geerntet werden.
Die Umstellung auf eine Permakultur-Arbeitsweise würde zudem den Rahmen der Arbeitsgemeinschaft sprengen. Aber, so war man sich einig, es gehe nicht darum, „einfach alles umzuwälzen, sondern die aktuelle Arbeitsweise im Hinblick auf die Nützlinge zu optimieren“, wurde betont. Im Zentrum steht also die Verbesserung der Prozesse auf dem Hof nach Anleitung der Landwirte, um den Schutz von Insekten stärker zu berücksichtigen.
Über Blühstreifen hat sich die Gruppe bereits informiert. „Wir wollen auf dem Markushof an den meisten Äckern einen festen Blühstreifen einrichten, der dann zur Kleegrasaussaat beziehungsweise für Luzerne wieder umgebrochen wird“, wurde als Ziel ins Auge gefasst. Dabei wird auf Saatmischungen gesetzt, die nicht ein-, sondern dreijährig sind. Sie blühen jedes Jahr in etwas veränderter Zusammenstellung und fördern somit die Population von Nützlingen sowie den Artenschutz. Die Mischung enthält Deckfrüchte zur Unkrautunterdrückung, einjährige Ackerblumen, Pionierpflanzen, die hauptsächlich im zweiten Standjahr blühen, und auch Wiesenblumen, die ab dem zweiten Standjahr auftreten. „Die Vorteile von einem mehrjährigen Blühstreifen liegen für uns ganz klar im ökologischen Nutzen“, betont Michael Boeke, „ich denke, dass wir es uns durchaus leisten können auf ein paar Quadratmeter Nutzfläche zu verzichten, um diese Bereiche für Biodiversität, also die biologische Vielfalt, einzusetzen“.
Doch, da ist sich die Solawi-Arbeitsgemeinschaft „Nützlinge“ einig, die Insektenförderung soll nicht nur durch die Arbeit der Landwirte erfolgen, sondern sollte von vielen Aktionen der Solawi-Mitglieder flankiert werden.
Blüte ist nicht gleich Blüte, Biene nicht gleich Biene
Man braucht also selbst im facettenreichen Kraichgau noch mehr heterogenere Landschaften – nicht nur Monokulturen. Dazu braucht es beispielsweise mehr Fruchtwechsel. Bunte Blütenstreifen, die gegen das Insektensterben helfen könnten, sind relativ leicht anzulegen, erfreuen das Auge und sind gleichzeitig sehr wertvolle Biotope in der Landschaft. Mit ihrer Artenvielfalt bieten sie zahlreichen Kleintieren und Insekten wie Schmetterlingen, Fliegen, Wildbienen und Hummeln einen Lebensraum.
Mit dem Verschwinden der Pflanzen aus der jeweiligen Kulturlandschaft, verschwinden eben auch die Insekten. Wildbienen können aufgrund ihrer evolutiven Anpassung nicht schnell auf andere Futterpflanzen ausweichen. Sie sterben ohne ihre Trachtpflanzen lokal selbst dann aus, wenn es auf den ersten Blick eigentlich reichhaltig blüht und ideale Nistplätze vorhanden sein mögen.
Und die Menschen können auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Bestäuber zu fördern, indem sie ihnen neben Blumen auch Nistplätze bieten.
Aber gezüchtete Floristen-Blüten sind nicht gleich den heimischen Blüte, nicht jede wirtschaftlich genutzte Biene gleich – wie gesagt – jeder anderen wilden Biene. Dass man etwa die notwendigen verschiedenen Bienenarten für die Bestäubungsdienstleistung nutzen kann, ist absolut entscheidend für die Ernährungssicherheit. Damit ist der massive Rückgang der Vielfalt an Bienenarten, den man in Deutschland beobachtet, gravierend.
Unter den Wildbienenarten gibt es nämlich einige, die sich ganz individuell auf einzelne Pflanzenfamilien bei der Aufnahme von Pflanzenpollen und Nektar spezialisiert haben. So erklärt sich auch, dass viele der Wildbienenarten sich in den vergangenen Jahrzehnten in ihrem Bestand stark dezimiert haben. Mit dem Verschwinden der jeweiligen Blüten sind auch die von ihnen abhängigen Bienenarten regional weniger geworden oder sind sogar gänzlich ausgestorben.
In Deutschland sind inzwischen 30 Prozent der Wildbienen gefährdet. Und sie können nicht durch die Bienenvölker der Imker ersetzt werden. Die Bestäubung durch Wildbienen und Hummeln setzt nämlich auch bereits im März ein, damit also eine gute Zeit vor der Befruchtung durch Honigbienen. Sie findet zudem auch bei Kälte und bedecktem Himmel statt. So zählen diese Insekten – eines von ihnen bestäubt bis zu 5000 Blüten pro Tag – zu den unbedingt notwendigen Nützlingen.
Jeder kann im eigenen Garten helfen
Viele Arten der Wildbienen können allerdings aufgrund ganz spezieller ökologischer Ansprüche nicht im Wohnumfeld des Menschen existieren. Arten mit einer Bindung an ganz bestimmte Lebensräume können nur erhalten werden, wenn Trockenrasen, Magerwiesen, Dünen, Sandheiden, Felsfluren und Schilfröhrichte geschützt und sachgerecht gepflegt werden. Um dem Insektensterben aber allgemein zu begegnen, kann jeder, der etwas Grün sein Eigen nennt, in gewissem Umfang selbst aktiv werden, um einzelnen Insekten beim Überleben zu helfen, wie Imker Günther Martin betont.
Die Honigbiene beispielsweise nimmt eigentlich alles an, was blüht. Wildbienen sind eher komplizierte Spezialisten, was das Nahrungsangebot betrifft, sie sind also auf spezielle Arten an Blüten angewiesen. Zunächst sollte daher – wenn man etwas für die wilden Insekten machen möchte – geklärt werden, welche Bienen oder anderen Insekten überhaupt im eigenen Garten vorkommen, damit nicht etwas angepflanzt wird, was gar nicht benötigt wird. Und nur mit diesem Wissen kann das Angebot dementsprechend angepasst werden.
Doch es geht darum, möglichst natürliche Vorkommen zu unterstützen und nicht auf hochgezüchtete Arten zu hoffen. In neuen „gefüllten Blüten“ finden Bienen beispielsweise keinen Pollen und auch keinen Nektar.
Und auch die Pflege des Gartens hat eine wichtige Rolle, denn jedes Jahr werden mehrere hundert Tonnen Pestizide an private Verbraucher verkauft. Die Mittel sollen Blattläuse vernichten, Wildpflanzen kleinhalten und jegliches Grün auf dem Pflaster ausmerzen.
Als Kollateralschaden bleiben dann auch zahlreiche Insekten auf der Strecke. Auf diese Mittel kann verzichtet werden, wie auch die Arbeit auf dem Markushof zeigt. Natürlich kostet es mehr Mühe, das „Unkraut“ – wie auf den Feldern unserer Solawi – auch im eigenen Garten mit der Hand zu jäten, und es dauert, bis natürliche Fressfeinde wie Marienkäferlarven die Blattläuse bekämpft haben. Bei zu starkem Befall hilft da allerdings auch ein Brennnesselsud. Ein Garten ohne chemischen Einsatz lockt am Ende viel mehr tierisches Leben an.
Bei vielen Hobbygärtnern ist es Unwissenheit beim Umgang mit Tieren im Nutzgarten. Derjenige, der es komplett falsch machen möchte, sieht einfach grundsätzlich alles, das keine Nutzpflanze ist und über Beine verfügt, als „Feind“ an, den es unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel zu bekämpfen gilt. Derjenige, der allerdings mehr über das äußerst differenzierte Verhältnis zwischen Nützlingen, die dem Gärtner die Arbeit erleichtern, und Schädlingen, die in der Tat seinen Pflanzen schaden, wissen möchte, der muss sich mit dem Thema auseinandersetzen. Garten wird so zu einer Beschäftigung mit ökologischen Zusammenhängen. Selbst ein vollkommen durch den Menschen kultivierter Garten ist der Lebensraum für unzählige Tiere – fast alle davon sind für einen ungestörten Kreislauf unabdingbar. Daher sollten Gärtner, denen etwas an Nachhaltigkeit und gesundem Gemüse liegt, ihre „Kampfeinsätze“ gegen echte und vermeintliche Schädlinge auf ein absolutes Minimum reduzieren.
Ein weiterer Trend, der den Insekten – wie übrigens auch vielen anderen Tieren in den Siedlungsräumen – zunehmend zu schaffen macht, sind Gärten, in denen das Grün großflächig durch Steine und Kies ersetzen werden – das mag sehr pflegeleicht sein, aber nicht nur optisch erinnern diese Steingärten an eine Wüste.
Auch exotische Ziergehölze finden viele Liebhaber, bieten jedoch heimischen Tieren ebenfalls in den meisten Fällen weder Lebensraum noch Nahrung.
Den Insekten folgen Vögel, Amphibien und Fledermäuse
Im Herbst setzt sich das gärtnerische Trauerspiel fort: Wo früher mit dem Rechen die Blätter zusammengeharkt und in einer Ecke gelagert wurden, dröhnen heute Laubbläser und Laubsauger. Letzterer zerhäckselt das Laub gleich noch, bevor es über die Biotonne entsorgt wird.
Viele Insekten und Spinnen nutzten bisher die Laubhaufen, um zu überwintern. Durch die Entsorgung fehlt es ihnen nun in der kalten Jahreszeit an Heimstätten.
Die Insekten stehen nur am Anfang einer Entwicklungskette, denn von ihnen ernähren sich neben Fledermäusen, Fröschen und Kröten auch Vögel. Weniger Insekten als Futter heißt da beispielsweise auch weniger Vögel. Auch in diesem Bereich ist ein Artensterben bereits zu erkennen, heißt es in entsprechenden Studien. Um knapp 13 Millionen soll die Zahl der Vogelpaare in Deutschland seit 1998 gefallen sein: ein Minus von 15 Prozent. So greift das Eine ins Andere.
Die Abnahme der Bestände trifft dabei nicht alle Vogelarten gleichermaßen. Mit Abstand am stärksten sind die Verluste beim Star. Der frisch gekürte Vogel des Jahres 2018 stellt 20 Prozent der seit 1998 verlorenen Brutpaare. Mit fast 2,6 Millionen Brutpaaren weniger ist diese einst bei uns extrem häufige Art besonders betroffen. Seine bevorzugten Lebensräume wie Weiden, Wiesen und Feldränder werden immer seltener und artenärmer. Auch die für das Brüten nötigen Baumhöhlen schwinden.
Auf den nächsten Plätzen folgen die ebenfalls einst häufigen Arten Haussperling, Wintergoldhähnchen und Buchfink. Aber auch Feldlerche, Feldsperling und Goldammer sind unter den zahlenmäßig größten Verlierern.
Der Verlust an Natur und Lebensräumen und die im Rahmen von Globalisierung und Freihandel immer intensiver wirtschaftende Landwirtschaft gefährdet die Vogelwelt besonders stark, heißt es beim BUND.
Die größten Artenverluste werde der Klimawandel bringen. „Die globale Erwärmung bedroht jede sechste Art“, schreibt die „Zeit“. „Fast 700 Arten von Vögeln und Säugetieren zeigten bereits negative Reaktionen aufgrund höherer Temperaturen und anderer dadurch bedingten Änderungen in den Ökosystemen sowie im langfristigen Wettergeschehen“, steht auch in der „Süddeutschen Zeitung“.
Die angedachten Aktionen der Solawi Rhein-Neckar sind damit nur ein Tropfen auf den heißen Stein, „aber auch der kühlt den Stein ein kleines Stück weit ab“, ist Solawi-Landwirt Michael Boeke überzeugt.
Ein Bienenhotel bietet viele Möglichkeiten
„Die Solawi kann – anders als ein Wirtschaftsbetrieb – etwas gegen das Insektensterben unternehmen“, ist die Solawi-Arbeitsgemeinschaft „Nützlinge“ überzeugt. Doch dieses Engagement soll nicht nur den Landwirten überlassen werden. Auch die Mitglieder der Solawi können aktiv werden. Ein Vorschlag, der beim ersten Arbeitstreffen aufkam, ist ein Bienen- beziehungsweise Insektenhotel zu errichten. Solche Nisthilfen werden für das Überleben der Wildbienen – zu ihnen zählen auch Insekten wie die Hummeln – immer wichtiger. Die zunehmend dichte Besiedlung der Landschaften macht es ihnen schwer, einen geeigneten Nistplatz zu finden. Im Gegensatz zu den Honigbienen sind die meisten Wildbienen Einzelgänger, die ihre Nester allein anlegen. Es herrscht also eine rege Nachfrage nach Nistangeboten.
In einem Insektenhotel werden dafür verschiedene Möglichkeiten geboten. Einige der mehr als 460 Wildbienenarten brauchen für ihren Nachwuchs Niströhrchen aus Pflanzenstängeln, die sich dann fünf oder sechs Bienen teilen.
Neben den Niströhrchen ist der natürliche Lebensraum vieler Bienen- und Wespenarten in Löchern im Holz angesiedelt. Für diese Arten bieten sich beliebig große Hartholzblöcke an, in die Gänge von zwei bis zehn Millimetern gebohrt werden. Diese Gänge sollten so tief wie möglich ins Holz reichen, aber nicht komplett durchgebohrt werden.
Weiterhin bieten sich auch Lehmwände als Nisthilfe an. Dazu kann man etwa eine alte Holzkiste mit feuchter Erde befüllen und diese komplett austrocknen lassen. Danach wird die Kiste senkrecht hingestellt und bildet so eine kleine Steilwand, in der sich Bienen und Wespen zukünftig ihren Nistraum einrichten können.
Dabei ist solch ein Bienenhotel nicht nur für eine Saison gedacht, sondern wird über Jahre genutzt. Wespen und Wildbienen befüllen ihre Nisthilfen mit Nahrungsvorräten, in die sie auch ihre Eier ablegen. Die Bienen schlafen nachts selbst in den Hohlräumen. Bereits benutzte Röhrchen, aus denen also im Folgejahr die neue Generation ausschlüpft, werden insbesondere bei generellem Platzmangel gesäubert und wieder neu bezogen. Daher muss das Bienenhotel bei trockener Positionierung manchmal jahrelang nicht vom Menschen gewartet werden.
Die Errichtung eines Insektenhotels will die Arbeitsgemeinschaft „Nützlinge“ in den nächsten Monaten als Wochenendaktion konzipieren.
Text: Ralf S., Bilder: Sabine Z., Ralf S., Günther M.